Lernen von Spotify und Netflix - Abonnements, Flatrates und
Werbefinanzierung auf dem digitalen Buchmarkt
Art
der Uni-Arbeit: Masterarbeit
Fachrichtung:
Angewandte Literaturwissenschaft
Autor/-in:
Nicole Struck
Ziel dieser
Arbeit war es festzustellen, welche alternativen Preismodelle es für digitale
Produkte auf dem Literaturmarkt gibt und wie diese funktionieren. Das Prinzip
des Abonnements kennt die Buchbranche schon lang – der Buchclub Bertelsmann hat in den letzten 60 Jahren einen
unvergleichbaren Erfolgsweg beschritten und die preisreduzierte Club-Ausgabe
war in dieser Zeit ein fester Bestandteil
der Verwertungskette von Spitzentiteln. Während die Zeit des Buchclub Bertelsmann 2015 zu Ende geht,
gibt es mit der Büchergilde und der Die
Andere Bibliothek weiterhin Buchabonnements, wenn auch mit einer speziellen und relativ kleinen
Zielgruppe. Im Gegensatz zum Club-Prinzip sind
die bestehenden E-Book-Plattformen (unabhängig vom Geschäftsmodell)
jedoch in erster Linie Vertriebsplattformen und verkaufen keine eigenständigen
Lizenzausgaben. Dass der vorher festgelegte in der Regel monatliche
Einheitspreis nicht in Konflikt mit der Buchpreisbindung steht, ist dem Umstand zu verdanken, dass auf den
Flatrate- und Abonnement-Plattformen kein Kauf stattfindet, sondern lediglich
eine Leihe.
Oft
wird angenommen, dass durch das Aufkommen der Abonnement-
und Flatrate-Modelle sowie der geringen E-Book-Preise beispielsweise im Kindle-Shop von Amazon.de ein
erheblicher Preisverfall stattfindet, während aber viele E-Book-Nutzer der
Meinung sind, dass E-Books mit einem durchschnittlichen Preis von 7,58 Euro zu
teuer seien. Nicht wegzudenken aus der Preisdiskussion um E-Books sind illegale
Angebote und die Onleihe als
E-Book-Leih-Angebot der öffentlichen Bibliotheken. Wie hoch die wirtschaftlichen Einbußen der Verlage und
Autoren durch diese beiden Phänomene
sind, lässt sich schwer beziffern. Viel wichtiger für die Fragestellung dieser Arbeit ist jedoch der Befund, dass in
einer GfK-Studie zu Urheberrechtsverletzungen nur
53% der Befragten aller Befragten angaben, dass es für sie bereits ein
perfektes legales Angebot zum Kauf oder Nutzung von E-Books gibt.
Die bereits
bestehenden Abonnement-Modelle unterscheiden sich im Umfang der möglichen
Nutzung (eine festgelegte oder unbegrenzte Anzahl von Büchern) und dem
Finanzierungsmodell (monatlich fester Betrag oder eine indirekte Finanzierung durch Werbung). Die bisher
wichtigsten Anbieter auf dem E-Book-Flatrate-Markt sind Skoobe (Joint Venture von Random House
und der Holtzbrinck-Gruppe)
und das Kindle-Unlimited-Programm von
Amazon, sowie Readfy als unabhängiges Start-up, das noch vergleichsweise neu auf
dem Markt ist und neben einer klassischen Flatrate auch werbefinanziertes Lesen
anbietet. Beam ist das für die
Zukunft geplante Flatrate-Angebot des Bastei
Lübbe-Verlags und damit die einzige rein von Verlagsseite aus getriebene Unternehmung.
Bei
der Analyse in den Fokus gerückt wurde immer wieder die Frage nach dem Erlösmodell sowohl aus Verlags- als auch dem
Unternehmensperspektive. Aus Verlagsperspektive ist das Kindle Unlimited- Programm wirtschaftlich deutlich
attraktiver als das Skoobe-Angebot: Amazon zahlt den Verlagen genauso viel
wie für ein gekauften E-Book (schätzungsweise
etwa 50% des Nettopreises) während Skoobe
15-20% des Nettopreises auszahlt. Zu Readfy
ließ sich keine genaue prozentuale Lizenzbeteiligung recherchieren. Die
Beteiligung ist im Fall von Skoobe natürlich
niedriger als die eines verkauften Buches, jedoch stellt sich die Frage, ob
Leihen innerhalb einer Flatrate tatsächliche Käufe sublimieren oder ob die Erlöse
nicht eher durch einen weiteren Anteil ergänzen werden, da Flatrates
beispielsweise die Zielgruppe der E-Book-Leser noch erweitern können.
Es
stellt sich letztlich die Frage, ob sich Flatrate-Angebote für Anbieter
finanziell lohnen: Im Fall von Amazon wird
es teuer, sobald die Kindle Unlimited-Nutzer
Verlagstitel statt der amazon eigenen
Titel leihen. Auf der anderen Seite erhöhen Verlagstitel die Attraktivität
eines Katalogs und sind daher wichtig und notwendig, um mehr Kunden für das Angebot
zu begeistern.
Sowohl bei Skoobe als auch Kindle Unlimited macht der Anbieter ein Verlustgeschäft, sobald er
als Kunde einen Vielleser wie beispielsweise einen vom Typ „Ausleihende Leseratten“ hat, der mehr als zwei oder drei Bücher
monatlich liest, wobei davon auszugehen ist, dass die Early Adopters dieser
Angebote ganz besonders technik- und leseaffine Menschen sind.
Readfy scheint schon jetzt Probleme bei
der weiteren Finanzierung ihres Angebots zu haben und muss weitere attraktive
Titel für den Katalog akquirieren, um ein überzeugendes Angebot offerieren zu
können. Bei Skoobe und Kindle Unlimited handelt es sich wohl zuallererst
um strategische Investitionen der dahinter stehenden Konzerne, die schon früh
auf diesem Markt präsent sein wollen, um ihn mitzugestalten. Amazon bewirbt auch im Zusammenhang mit den Kindle-Geräten das Flatrate-Angebot mit
dem Ziel, für den Kunden einen Kosmos bestehend aus Gerät(en) und diversen
Flatrates (neben E-Books bietet Amazon auch
Hörbücher, Filme und Serien als Flatrates an) aufzubauen, den er nie wieder
verlassen muss und möchte. Wenn die deutsche Verlagswelt dem etwas entgegenstellen
möchte, wird wohl langfristig gesehen kein Weg daran vorbeiführen, ihre Inhalte
bei einem Flatrate-Anbieter im Katalog anzubieten. Tatsache ist, dass die
Buchbranche die Entwicklung in diese Richtung nicht mehr aufhalten kann –
erstens aufgrund der Marktmacht von Amazon
und zweitens kennen Kunden die Modelle bereits aus allen anderen
Medienbereichen, sodass die Nachfrage nach Buch-Flatrates vermutlich steigern wird.
Auch
im Wissenschaftsbereich wird schon seit Jahren über alternative Erlös- und
Zugangsmodelle zu digitalen Werken diskutiert. Mittlerweile hat sich eine
internationale, sogenannte Open Access-Bewegung entwickelt, die fordert, dass
wissenschaftliche Literatur kostenfrei für jeden im Internet zugänglich sein
sollte. Eine Studie im Auftrag der Max-Planck-Gesellschaft ergab, dass eine Umwandlung des Systems von
Abonnements zu Open Access sogar ohne finanzielle Einbußen möglich wäre –
vorausgesetzt alle großen Forschungseinrichtungen
weltweit würden gleichzeitig ihr Erlösmodell umstellen. Seit Anfang 2015 läuft
in der Schweiz ein großangelegtes Open Access-Pilotprojekt, dessen Ergebnis
sicherlich auch die weitere Umsetzung dieses Konzepts beeinflussen wird.
Das
Grundproblem der Diskussion bleibt, dass sich das Schaffen von urheberrechtlich geschützten Inhalten
weiterhin finanziell lohnen soll. Während einige Akteure das Urheberrecht
generell für überholt halten und eine Aufweichung
oder Abschaffung desselben fordern, taucht in der Diskussion immer
wieder das Stichwort Kulturflatrate auf. Was einige politische Vertreter als ein kommunistisches
Hirngespinst abtun, wird aber vor allem von Vertretern
der Partei Bündnis 90 Die Grünen europaweit
diskutiert und mit Hilfe eines umfassenden Gutachtens ins Gespräch gebracht:
Die Idee ist, dass jeder Internet-Nutzer eine Gebühr zahlt, die beispielsweise
durch den privaten Internetanbieter eingezogen werden könnte. Dafür sollen
Internetnutzer unbegrenzt digital Musik, Bücher und Filme nutzen, speichern und
tauschen dürfen. Die Höhe der Gebühr wird nur sehr wage mit zwischen
7 und 23 Euro angegeben. Diese soll an die Medienindustrie ausgeschüttet werden
und den finanziellen Verlust durch den Wegfall der Einzelproduktverkäufe
kompensieren und zudem jede strafrechtliche Verfolgung wegen Urheberrechtsverletzung
und Filesharing unnötig machen. Trotz
der konkreten Zahlen wirkt die Umsetzung dieses Modells in der jetzigen
Marktsituation mit vielen starken Medienkonzernen (und deren Lobbyverbänden)
weder praktikabel noch realistisch,
zu groß sind die finanziellen Interessen der
privatwirtschaftlichen Unternehmen.
Jedoch würde sie im Gegensatz zur aktuellen Marktsituation keine Wettbewerber
bevorteilen oder benachteiligen. Es bleibt abzuwarten, wie sich der Markt in
den nächsten Jahren und Jahrzehnten entwickeln wird und ob die Entwicklung
durch politische Regulierung beeinflusst wird.
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