Digitale Welt der Politik - Die
Entwicklung von Politik und Gesellschaft durch das Web 2.0 am Beispiel der
Verwendung von NGOs
Art der Uni-Arbeit: Masterarbeit
Fachrichtung: Politikwissenschaft
Autor/-in: Bodo Münster
Schlussbetrachtung:
Die frühen utopischen Erwartungen, in
denen das Internet eine neue Zeitrechnung einleitet, die zu einer Revolution
der Politik und zu einem Strukturwechsel in der Öffentlichkeit führen, waren
übertrieben. Doch realistischere Erwartungen sind eingetreten und es lässt sich
nicht abstreiten, dass es zu einigen politischen und gesellschaftlichen Veränderungen
gekommen ist. Der Mensch führt inzwischen zu großen Teilen ein mediales Dasein.
Das Internet ist zu einem wichtigen Werkzeug
der Kommunikation geworden, das Informationen und Bedeutungsinhalte an
Andere vermitteln kann.
Für den spezialisierten
Kommunikationsraum des politischen Feldes, in dem es um zielgerichtete Entscheidungen mit politischen
Implikationen und Auswirkungen geht, ist
es zu Veränderungen gekommen. Die Art und Weise, wie die Gesellschaft sich
politisch informiert, austauscht und partizipiert, hat sich durch das Internet
und ganz speziell durch Social Media Anwendungen geändert. Die digitalen
Anwendungen können zum einen ein wichtiges Mittel der Distanzverringerung sowie
der schnellen Kommunikation sein, aber zum anderen auch eine Verbesserung der
Chancen der Interaktivität zwischen verschiedenen politischen Gruppen und
Organisationen bieten.
Bei all diesen Möglichkeiten für die
Politik
und die politische Kommunikation, sollte man sich bewusst
sein, dass das Internet und die Social Media Anwendungen rein von ihrer
Grundlage her, weder politisch noch unpolitisch sind. Diese Anwendungen drängen
sich zwar immer weiter in die Bereiche des öffentlichen Raums und bedienen
sowie kreieren dabei die unterschiedlichsten Öffentlichkeiten. Aber dies macht
sie nicht automatisch zu politischen Werkzeugen. Nur die Nutzung für
Angelegenheiten mit konkretem, politischem Spektrum ermöglicht dies. Ein Ziel
dieser Arbeit war es zu untersuchen, ob dafür die Grundlage besteht und
inwieweit es dazu genutzt wird. Doch nicht viele deutsche Bürger nutzen das
Internet und Social Media für politische Angelegenheiten. Zwar ist mittlerweile
mit 58 Millionen Menschen im Jahr 2016 (Statista: 79%; ARD/ZDF: 83,8% der
Bevölkerung) eine starke Basis an Internetnutzern vorhanden, welche auch immer mehr Zeit (mittlerweile über zwei Stunden
täglich) damit verbringt. Somit kann über dieses Medium ein immer weiter
wachsender, großer Teil der Öffentlichkeit erreicht werden. Aber noch bestehen
Unterschiede in Alter, Geschlecht und Einkommen, auch wenn diese Faktoren sich
immer mehr nivellieren. Social Media Anwendungen, wie Messaging und Soziale
Netzwerke, werden von der deutschen Bevölkerung immer häufiger und länger
genutzt. Der Anteil der weiblichen Nutzer steigt hier besonders stetig an. Als
Analysematerial wurde für diesen Bereich die Verwendung von Facebook gewählt.
Das soziale Netzwerk mit 27 Millionen Nutzern in Deutschland, den meisten Visits
sowie der häufigsten und längsten täglichen
Nutzung ist der deutliche Marktführer und besitzt somit die höchste
Reichweite in der Gesellschaft.
Die anfänglichen aufgestellten Hypothesen
konnten durch diese Arbeit partiell bestätigt werden. Denn obwohl es noch
vereinzelte Unterschiede in verschiedenen Gesellschaftsgruppen gibt, lassen
sich die erste und die zweite Hypothese bestätigen. Das Internet und die
anderen Social Media Anwendungen sind in Deutschland weitgehend und
flächendeckend verbreitet und werden in der Gesellschaft genutzt. Auch die
dritte Hypothese, dass es sich bei dem Internet und Social Media nicht um
Modeerscheinungen handelt, wurde durch die stetig steigenden Nutzerzahlen in
beiden Punkten bestätigt. Allerdings zeigte die Untersuchung, dass die
politische Nutzung verhältnismäßig gering ist. Die Deutschen verwenden das
Internet zwar besonders häufig zur individuellen Kommunikation und
Mediennutzung sowie zur Informationsbeschaffung, z.B. für Nachrichten, wozu
auch Politiknachrichten gehören. Aber Internetangebote von Parteien und
Politikern werden selten wahrgenommen. Des Weiteren wird Social Media zwar zur
Informationsgewinnung verwendet, aber die aktiven Social Media Eigenschaften,
wie Liken, Teilen oder Kommentieren, die die neuen wichtigen Werkzeuge der politischen
Kommunikation sein könnten, werden selten für politische Angelegenheiten verwendet.
Nur zehn Prozent der Facebooknutzer liken, acht Prozent teilen und sechs
Prozent verfassen einen Kommentar mit politischem Inhalt häufig bis sehr
häufig. Die vierte Hypothese, dass die Voraussetzungen für politische
Kommunikation gegeben sind, kann zwar prinzipiell bestätigt werden. Aber die Konsequenz
einer höheren Beteiligung an politischen Vorgängen wäre im Moment zu
falsifizieren, da nur geringe Teile der Bevölkerung sich mit Politik im
Internet und Social Media wirklich auseinandersetzen. Neben vielen möglichen
Gründen ist ein wichtiger, dass das Internet und Social Media im Besonderen den
Kampf um die Aufmerksamkeit erschweren, da eine Vielzahl an Themen in denselben
Kanälen in Konkurrenz steht. Dies stellt sich als weitere Herausforderung für
die Politik dar.
Diese Bereiche werden in der Forschung
intensiv untersucht, aber nicht für alle politischen Akteure. Meistens sind Parteien
und Politiker im Fokus wissenschaftlicher Untersuchungen. Die Forschungslücke, die
diese Arbeit zumindest teilweise schließen möchte, liegt in der Nutzung von
Social Media, am Beispiel von Facebook, durch Nichtregierungsorganisationen
(NGO). NGOs sind wichtige Beteiligte der Zivilgesellschaft sowie der
politischen Sphäre und haben eine besondere Stellung als Akteure des Dritten
Sektors sowie als Kommunikationsbrücke zur Bevölkerung. Ein besonderes
Interesse stellen die neuen Chancen des Internets und der Social Media
Anwendung für deren politische Kommunikation dar, da sich auf diese Weise (zumindest
theoretisch) einfacher die Anzahl der erreichbaren Bürger erhöhen lässt. Zur
Untersuchung, inwieweit NGOs die Potenziale der neuen Kommunikationswerkzeuge
Internet und Social Media verwenden, wurde die Nutzung von Facebook von vier
NGOs unter dem Aspekt der Menschenrechtsthematik in Deutschland im Zeitraum
November 2016 gesammelt, ausgewertet und verglichen. Die ausgewählten NGOs (Pro
Asyl, Amnesty International Deutschland, Sea-Watch, Reporter ohne Grenzen)
haben die höchste Anzahl an Followern in Deutschland in diesem Feld. Es wurde
dabei bewusst ein kleiner Beobachtungs- bereich gewählt, der eine gewisse Vergleichbarkeit
gewährleistet und somit ein erstes Verständnis zur Nutzung und Auswirkung
liefert. Allerdings hat diese Arbeit gezeigt, dass die NGOs die Potenziale der
neuen Kommunikationswerkzeuge meistens nicht im vollen Umfang der Möglichkeiten
verwenden. Generell nutzen sie das Internet
auf traditionelle Weise mit der eigenen Homepage im Vordergrund und sind
dabei nur selten als innovative Vorreiter
zu sehen. Speziell bei Social Media scheint dies nicht anders zu sein. Die
fünfte Hypothese, dass NGOs besonders beliebt bei den Deutschen auf Facebook sind
und es daher zu starken Entwicklungen kam, ließ sich nur bedingt bestätigen, da
die Followerzahlen der untersuchten Menschenrechts- NGOs auf Facebook recht
gering sind, gemessen an den 27 Millionen deutschen Nutzer des Sozialen
Netzwerkes. Allerdings kam es während der letzten fünf Jahren zu starken
Anstiegen der Anzahl der Follower für die untersuchten NGOs. Auch die genaue
Überprüfung der Nutzung von Facebook im November 2016 der vier
Menschenrechts-NGOs, in welcher zur besseren Vergleichbarkeit nur die Art der
Nutzung der Posts und nicht die konkreten Inhalte der Posts untersucht wurden,
da die Nutzung und weniger der Inhalt im Mittelpunkt der Untersuchung stand,
hat ergeben, dass NGOs nicht als Vorreiter im Feld der Politik für die
politische Kommunikation über Social Media gesehen werden können. Damit musste
die letzte Hypothese falsifiziert werden. Positiv zu werten ist das sehr
professionelle Erscheinungsbild in Facebook. Die Vorgehensweisen, wie das
Posten von Texten, die wichtige Informationen vermitteln, oder das Verlinken auf
andere Seiten ähneln sich sehr. Des Weiteren werden verschiedene
Medienelemente, wie Bilder oder Videos, zur Aufmerksamkeitsgewinnung genutzt.
Allerdings ist besonders bei letzterem noch sehr viel Potenzial für mehr. Dies
trifft auch auf die Social Media Elemente, wie Hashtags, Mentions oder Shares
zu, die wenig angewandt wurden. Nur eine Organisation (Sea-Watch) nutzte
Hashtags häufig, um so die eigene Reichweite zu erhöhen. Die Reaktionen auf die
Handhabung von Facebook durch die untersuchten NGOs sind gering, wie an den im Vergleich
zu den Followerzahlen verhältnismäßig überschaubaren Like- und Sharezahlen
ersichtlich ist. Zwar kommen vereinzelte Diskussionen mit Followern über
Kommentare und Replys zustande, aber der Hauptfokus der NGOs scheint dies nicht
zu sein.
Die Untersuchungen dieser Arbeit lassen
somit festhalten, dass sich für manche NGOs keine wesentlichen revolutionären
Veränderungen durch Internet und Social Media für deren politische
Kommunikation ergeben haben. Dieses Ergebnis unterscheidet sich nicht von der
gegenwärtigen Situation bei anderen Akteuren in der Politik. Es ist hier
allerdings anzumerken, dass die festgestellten Ergebnisse kontextabhängig sind
und sich nicht einfach auf alle NGOs übertragen lassen. Denn durch die
zeitliche und umfangsmäßige Grenze dieser Untersuchung ließen sich nur ein
kleiner Teil der Menschenrechts-NGOs sowie deren Nutzung abdecken.
Diese Arbeit liefert allerdings einen
Anknüpfungspunkt für Folgeuntersuchungen in diesem Feld. Die Auswirkungen von
Internet und Social Media werden auch zukünftig im wissenschaftlichen Interesse
sein. Dabei könnten weitere Untersuchungen verschiedene Wege wählen. So ließe
sich das Themengebiet um andere NGO-Gruppen erweitern oder weitere Länder
miteinbeziehen. Als Vergleichsuntersuchungen böten sich nicht-westliche Länder
oder Länder mit einer besseren oder schlechteren Internetverbreitung an. Des Weiteren
würde auch der Vergleich von unterschiedlichen Politkakteuren interessante
Schlussfolgerungen ermöglichen oder eine Erweiterung um andere Bereiche der
Social Media Anwendungen.
Obwohl die hier aufgeführten
Beobachtungen zum Ergebnis führten, dass die Potenziale der Nutzung von Internet
und Social Media für Politik und politische Kommunikation im Moment in der
Realität nicht ausgereizt werden, wurde ein Einblick auf die Internet und
Social Media Nutzung in Deutschland gegeben. Das Potenzial beziehungsweise die
Notwendigkeit für die Politik kann nur explicit unterstrichen werden.
Aktivitäten müssen erfolgen. Denn die deutsche Gesellschaft ist zum großen Teil
online und der Trend geht immer weiter in diese Richtung. Mit qualitativen
Posts und der besseren Nutzung der vielfältigen Möglichkeiten, wie Mentions,
Hashtags, und Replies, lässt sich die Aufmerksamkeit der Politik-
interessierten und vielleicht auch weniger Interessierten gewinnen. Dies ist
Hoffnung und auch Aufgabe. Denn die Zukunft der Politik und auch der
Gesellschaft wird über die politische Kommunikation bestimmt und diese wird
zunehmend in vielen Facetten online ausgetragen.
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